In den letzten Tagen haben viele Medien mit der Schlagzeile geschockt, dass das Handgepäck bei Flugreisen um 40% kleiner wird. Zum Glück sehen die Tatsachen nüchtern betrachtet deutlich weniger bedrohlich aus, als die reißerischen Überschriften in der Berichterstattung vermuten lassen.
Denn die internationale Vereinigung der Fluggesellschaften IATA hat auf ihrer Jahreshauptversammlung nicht die Verkleinerung des Handgepäcks beschlossen. Über diese Kompetenzen verfügt die IATA gar nicht. Sie kann nur eine Empfehlung für die Fluggesellschaften aussprechen. Diese können aber letztlich selbst entscheiden, welche Maße sie für das Handgepäck festlegen.
Sie hat stattdessen bekannt gegeben, dass sie die Etablierung eines einheitlichen internationalen Standards mit dem Namen „ IATA Cabin OK“ für die Größe des Handgepäcks anstrebt. Dieser soll laut den Plänen bei 55 x 35 x 20 und damit knapp 40% unter der bisherigen IATA-Empfehlung von 56 x 45 x 25cm liegen.
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Momentan haben die wichtigsten Fluggesellschaften in Deutschland (siehe Tabelle) alle Handgepäckmaße, die deutlich unter der bisherigen IATA-Empfehlung von 56cm x 45cm x 25cm liegen. Würden sie sich entscheiden, den neuen IATA-Standard für das Handgepäck zu übernehmen, würde die Größe des Handgepäcks bei ihnen also um deutlich weniger als 40% sinken.
Insbesondere bei den Billigfliegern wie Ryanair oder Easyjet, bei denen man nur Handgepäck kostenfrei kann, würde die Veränderung am geringsten ausfallen.
Tabelle: Änderung der Handgepäck-Maße bei der neuen IATA-Empfehlung
Maße in cm | Volumen in Liter | Veränderung | |
Alte IATA-Empfehlung | 56 x 45 x 25 | 63 | |
neue IATA-Empfehlung | 55 x 35 x 20 | 38,5 | -38,90% |
Lufthansa | 55 x 40 x 23 | 50,6 | -23,90% |
Germanwings | 55 x 40 x 23 | 50,6 | -23,90% |
Air Berlin | 55 x 40 x 23 | 50,6 | -23,90% |
Tuifly | 55 x 40 x 20 | 44 | -12,50% |
Condor | 55 x 40 x 20 | 44 | -12,50% |
Ryanair | 55 x 40 x 20 | 44 | -12,50% |
Easyjet | 50 x 40 x 20 | 40 | -3,25% |
Einheitliches Handgepäckmaß vorteilhaft für Verbraucher
Der Ansatz eine internationale Standardgröße für das Handgepäck einzuführen, ist aus Verbrauchersicht prinzipiell zu begrüßen.
Handgepäckkoffer für alle Fluggesellschaften geeignet
Das hätte den Vorteil, dass man jeden Handgepäckkoffer problemlos für alle Fluggesellschaften verwenden könnte. Beim britische Billigflieger kann momentan z.B. nur Handgepäck bis zu einer Größe von 50 x 40 x 20cm garantiert mit ins Flugzeug genommen werden. Handgepäckkoffer mit den in Deutschland üblichen Maßen von 55 x 40 x 20cm werden bei stark ausgelasteten Flügen im Frachtraum transportiert.
Das ist problematisch, wenn man im Handgepäck empfindliche Gegenstände wie ein z.B. ein Laptop dabei hat.
Problem bei Billigfliegern: Platz in Handgepäckfächern nicht ausreichend
Hintergrund für diese Praxis ist, dass der Platz in den Handgepäckfächern bei stark ausgelasteten Flügen nicht für alle Passagiere ausreichen. Dasselbe Problem gibt es auch bei anderen Billigfliegern, bei denen für die Aufgabe von Gepäck Zusatzgebühren berechnet werden und daher ein Großteil der Passagiere ausschließlich mit Handgepäck fliegt.
Das zeigt, dass eine Verkleinerung des Handgepäckmaße durchaus seine Berechtigung hätte und im Sinne der Passagiere wäre, weil die es bei einer konsequenten Umsetzung mit entsprechenden Kontrollen allen Passagieren ermöglichen würde ihr Handgepäck mit ins Flugzeug zu nehmen.
Einheitliches Handgepäck erleichtert Preisvergleich
Einheitliche Maße für das Handgepäck würden es den Verbrauchern auch erleichtern die Preise der Fluggesellschaften zu vergleichen, insbesondere mit Blick darauf, dass mittlerweile auch immer mehr Linienfluggesellschaften wie z.B. die Lufthansa Tarife einführen, bei denen im Flugpreis nur Handgepäck inklusive ist. Denn die teilweise starken Abweichungen bei den Handgepäckbestimmungen erschweren es den Verbrauchern festzustellen, welcher Flug für sie tatsächlich am günstigsten ist.
Geradezu an Wettbewerbsverzerrung grenzen in diesem Zusammenhang die Handgepäckbestimmungen der ungarischen Billigfluggesellschaft Wizzair. Bei ihr ist im regulären Ticketpreis nur ein kleines Handgepäckstück mit den Maßen 42cm x 32cm x 25cm cm enthalten. Möchte man ein Handgepäckstück mit bei anderen Fluggesellschaften üblichen Maßen von 56cm x 45cm x 25cm mitnehmen, muss dieses kostenpflichtig dazu gebucht werden.
Eine international einheitliche Vorgabe für die Größe des Handgepäcks könnte einer solchen verbraucherunfreundlichen Tarifgestaltung ein Ende setzen und würde dadurch zu mehr Preistransparenz für den Verbraucher führen.
Wünschenswert: Standard auch für Gewicht und Umfang des Handgepäcks
In diesem Zusammenhang ist es wichtig zu beachten, dass sich nicht nur Vorgaben der Fluggesellschaften für die Maße, sondern auch für das Gewicht und den Umfang des Handgepäcks unterscheiden.
Ist die Gewichtsobergrenze niedrig, bringen einem auch großzügige Handgepäckmaße nicht viel. Außerdem kann es einen deutlichen Unterschied machen, ob man zufällig zum normalen Handgepäckstück noch weitere Gepäckstücke wie eine Laptop- oder Handtasche mit ins Flugzeug nehmen kann.
Um Transparenz für den Verbraucher zu schaffen, wäre daher auch für das Gewicht und den Umfang des Handgepäcks die Einführung eines einheitlichen Standards wünschenswert.
Es würde den Verbrauchern nicht nur den Vergleich der Preise erleichtern, sondern Gelegenheitsreisenden auch den Aufwand und Stress ersparen sich vor ihrer Reise über die Handgepäckbestimmungen der jeweiligen Fluggesellschaft zu informieren. Die Verunsicherung durch das Wirrwarr der vielen verschiedenen Handgepäckbestimmungen spiegelt sich in den vielen Fragen wieder, die mich von Lesern erreichen, die nicht so häufig mit dem Flugzeug verreisen.
Idealmaße für Deutschland: 55 x 40 x 20cm
Hauptnachteil an den von der IATA vorgeschlagenen Maßen 55 x 35 x 20cm wäre für deutsche Verbraucher, dass viele Handgepäckkoffer mit den in Deutschland üblichen Maßen von 55 x 40 x 20cm jedenfalls formal nicht mehr für das Handgepäck geeignet wären.
Aus Sicht deutscher Verbraucher wäre es daher wünschenswerte, wenn sich die Fluggesellschaften auf 55 x 40 x 20 als Standardmaße für das Handgepäck einigen würden.
Allerdings vertritt die IATA Fluggesellschaften von der ganzen Welt und bei amerikanischen Fluggesellschaften wie z.B. Delta Airlines oder United Airlines ist eine Maximalbreite von 35cm beim Handgepäck üblich.
Würde die Empfehlung der IATA von allen wichtigen deutschen Fluggesellschaften umgetzt, würde das nicht automatisch bedeuten, dass man in der Praxis Probleme bekommt, wenn man einen Handgepäckkoffer mit den Maßen 55 x 40 x 20cm verwendet.
Beim Handgepäckkoffer-Kauf nicht verrückt machen lassen
Keine von ihnen, selbst Ryanair, nimmt es mit der Kontrolle des Handgepäcks besonders genau. Und ich kann mir nicht vorstellen, dass die Fluggesellschaften nach einer evtl. Übernahme des neuen IATA-Standards damit beginnen und einen entsprechenden Imageschaden riskieren würden.
Daher sollte man sich auch beim Kauf eines Handgepäckkoffers verrückt machen lassen.
Wenn man auf Nummer sicher gehen möchte und ein passendes Modell mit den Maßen 55 x 35 20cm findet, kauft man das. Bisher dürfte die Auswahl an Modellen mit den neuen Maßen aber noch relativ überschaubar sein.
Ansonsten gehe ich davon aus, dass Lufthansa, Ryanair und Co. Passagiere dadurch vergrellen, dass sie Gepäckstücke mit den Maßen 55 x 40 x 20cm nicht mehr als Handgepäck akzeptieren.
Interview mit Thomas Winmuller von der IATA
Hier könnt ihr euch das Interview mit Thomas Winmuller, Vizepräsident für die Bereiche Flughafen, Passagagiere, Fracht und Sicherheit bei der IATA über die das neue Handgepäckmaß „Cabin OK“ anschauen:
Hadina meint
Moin,
habe einen Leichtgewicht Trolly mit den Maßen 58,5x35x20. Würde der noch zugelassen bei den innerdeutschen Flügen ?
Grüße aus Dänemark.
Redaktion meint
Hallo,
die zugelassenen Maße bei den meisten deutschen Fluggesellschaften betragen 55cmx40cmx20cm, daher überschreitet dein Trolley die Maße ein wenig. Vermutlich wirst du damit keine Probleme bekommen, dennoch können wir dir keine Garantie dafür geben.
Viele Grüße und guten Flug,
Anabelle